Amtstierärztinnen vor Gericht: Warnungen vor Kontrollen im Schlachthof
Aschaffenburg, BY | In Aschaffenburg, Bayern, wurden gravierende Missstände in einem örtlichen Schlachthof aufgedeckt. Lebenden Kühen wurden die Beine abgetrennt, und Schweine erlitten schwere Verletzungen, während sie noch am Leben waren. Diese Zustände wurden jedoch nicht durch offizielle Kontrollen aufgedeckt, da die zuständigen Tierärztinnen den Schlachthof im Voraus warnten; erst durch die investigativen Recherchen der Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“ kamen die Missstände ans Licht.
Anklage gegen Amtstierärztinnen
Zwei Amtstierärztinnen, Dr. Tatjana M. (50) und Patricia B. (28), stehen derzeit vor dem Landgericht Aschaffenburg. Ihnen wird vorgeworfen, geheime Kontrollen an den Schlachthof verraten zu haben, was zu den unhaltbaren Bedingungen beigetragen haben könnte. Die Staatsanwaltschaft sieht darin eine Verletzung des Dienstgeheimnisses.
Geheime Warnungen und deren Folgen
Im Rahmen der Ermittlungen wurde festgestellt, dass die beiden Tierärztinnen den Schlachthof zwischen August 2022 und Mai 2023 vor unangekündigten Kontrollen warnten. Dies hinderte die Behörden daran, Tierschutzverstöße und Hygieneprobleme zu erkennen. Dr. Tatjana M. gestand, Informationen über Kontrollen in einer WhatsApp-Gruppe geteilt zu haben, weil sie befürchtete, bei festgestellten Verstößen berufliche Konsequenzen zu erleiden.
Reaktionen und Äußerungen der Angeklagten
Vor Gericht entschuldigte sich Dr. Tatjana M. für ihr Verhalten und räumte ein, dass sie wusste, dass ihre Handlungen nicht korrekt waren. Sie begründete ihr Vorgehen mit der Angst vor negativen Auswirkungen auf ihre Karriere. Ihr Verteidiger argumentierte, dass das Teilen dieser Informationen kein Dienstgeheimnis darstelle, und dass sie keinen materiellen Vorteil daraus gezogen habe.
Langjährige Missstände und Tierschutzproblematik
Tierschutzaktivist Friedrich Mülln bezeichnete den Schlachthof als „Hölle“ und kritisierte, dass das System Fleischproduktion stark auf Profit ausgerichtet sei, ohne Rücksicht auf das Wohl der Tiere. Die Vorwürfe sind nicht neu; es wird angenommen, dass solche Praktiken in Aschaffenburg seit 2008 gängig sind.
Umfangreiche Ermittlungen und Konsequenzen
Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiterhin gegen mehrere Personen im Zusammenhang mit dem Schlachthof, darunter ehemalige Geschäftsführer und Mitarbeiter wegen quälerischer Tiermisshandlung. Während die Verfahren gegen einige Verantwortliche eingestellt wurden, bleibt die Aufmerksamkeit auf die Missstände im Tierschutz und die Rolle der Amtstierärztinnen gerichtet.
Fazit
Der Fall im Aschaffenburger Schlachthof wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen im Tierschutz und die Notwendigkeit effektiver und unvoreingenommener Kontrollen. Der Ausgang des Prozesses könnte weitreichende Konsequenzen für die Verantwortlichen und die tierhaltende Industrie haben.